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Wie schädlich ist Salz?

«Vor zehn Jahren noch war Salz eher ein akademisches Thema, jetzt kommt alle paar Tage ein Beitrag dazu im Fernsehen», erklärt der Mediziner Karl-Ludwig Resch in der Tageszeitung «Die Welt». «Wir essen viel zu viel Salz!», mahnen sogar die Boulevardzeitungen «Blick» und «Bild», und in New York sind, behördlich verordnet, die ersten Speisekarten mit einem Salzstreuer als Warnsymbol im Umlauf. Die Weltgesundheitsorganisation hat es sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 den Salzkonsum weltweit um ein Drittel zu reduzieren. Der Verbrauch der Europäer soll sich gar halbieren: von durchschnittlich etwa zehn Gramm pro Kopf und Tag auf allerhöchstens fünf Gramm.

Warum? Salz, so die Begründung, erhöhe den Blutdruck und somit das Risiko für Herz-Kreislauf- sowie Nierenerkrankungen. Salz ist lebenswichtig Salz, Kochsalz, Speisesalz, chemisch Natriumchlorid, ist für uns lebenswichtig und essenziell. Salz reguliert unseren Elektrolyt- und Wasserhaushalt, die Flüssigkeits- und Nährstoffbalance in unseren Zellen.

Es steuert die Aktivität und die Reizübertragung der Muskeln und Nerven. Salz spielt eine wichtige Rolle beim Knochenaufbau und der Verdauung. Auf der Haut schützt es gegen Infektionserreger. Etwa 200 Gramm davon tragen wir durchschnittlich gesehen in unserem Körper herum und benötigen täglich ein bis drei Gramm zum Ausgleich der Verluste über Schweiß, Tränen und andere Ausscheidungen; manchmal deutlich mehr.

Überwacht und geregelt wird der Salz- und Wasserhaushalt des Körpers durch Hormone und Enzyme, das sogenannte Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS), das gleichzeitig auch einer der wichtigsten Regulatoren für den Blutdruck ist.

Rosmarinsalz

Foto: 123RF/belchonock

Der Salzkrieg

Und doch wird über wenige Lebensmittel so erbittert gestritten wie um das Salz – und über kaum eines so viel Widersprüchliches verbreitet. «Salzverzicht würde jährlich Millionen Leben retten» («Spiegel online» 2013) versus «Vergessen Sie den Mythos vom ungesunden Salz» («Die Welt» 2013): Ja, was denn nun? Wer sich an die Welt der Wissenschaft wendet, um Antwort auf diese Frage zu finden, wird so schnell auch nicht klüger.

Der Zusammenhang zwischen zu hohem Salzkonsum und erhöhtem Blutdruck, somit also der Gefahr von Herzinfarkt, Schlaganfall und Co., sei eindeutig erwiesen, so die einen. Nein, so die anderen, es gebe keine einzige Studie, aus der sich zuverlässig schließen lasse, dass Salzkonsum schädlich sei – im Gegenteil, wer zu wenig Salz zu sich nehme, könne ebenfalls gesundheitlichen Schaden davontragen.

Ein Team der Columbia University in New York, selbst nicht an der Salzforschung beteiligt, nahm sich über 250 einschlägige Studien vor und kam zu dem Schluss: Wirklich eindeutige Belege für die Theorie vom gesundheitsschädlichen Salz gibt es nicht. Etwas mehr als die Hälfte der Untersuchungen (54 Prozent) stützen die These, Salz erhöhe den Blutdruck; 33 Prozent wiesen sie zurück, und 13 Prozent kamen zu keinem schlüssigen Ergebnis*.

Dafür fanden die New Yorker Forscher Belege für etwas ganz anderes: Es gibt einen «Salzkrieg» in der Wissenschaft, zwei nahezu getrennte Forschungszweige, die auf unterschiedlichen Seiten stehen und sich – teilweise keineswegs rational, sondern hoch emotional – gegenseitig befehden. Von weiteren Studien sei daher genauso wenig Erkenntnisgewinn zu erhoffen.

* Etwas mehr Anhaltspunkte bietet eine neuere, recht umfangreiche Übersichtsstudie dänischer Cochrane-Experten. Die gemeinnützige Cochrane-Organisation arbeitet nach strengen Regeln der evidenzbasierten Medizin. Diese Metastudie kam zu dem Schluss, zwar bewirke eine Beschränkung des Salzkonsums tatsächlich eine Senkung des Blutdrucks, allerdings eine minimale: 1,27 mmHg beim systolischen («oberen») Wert, 0,05 mmHg beim diastolischen («unteren») Wert.

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