Wer Preiselbeeren nur als Kompott zum Wildbraten kennt, hat etwas verpasst: die eng verwandten Cranberries lassen sich nicht nur kulinarisch vielseitiger einsetzen, in den kleinen roten Beeren verbirgt sich zudem eine ganze Reihe wertvollster Naturstoffe.
Cranberries oder Amerikanische Moosbeeren (Vaccinium macrocarpon), die ihr natürliches Vorkommen nur in Nordamerika haben, sind mit der europäischen Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea) verwandt. Beide Arten gehören wie die Heidelbeere zu den Heidekrautgewächsen und gedeihen auf sauren, torfigen Böden. Während Preiselbeeren meist nur wild wachsen, werden Cranberries in den USA und Kanada in großem Rahmen angebaut und daher auch oft als Kulturpreiselbeeren bezeichnet. Die europäischen, zunächst weißen, später blass- bis dunkelroten Preiselbeeren sind etwa erbsengroß und werden vor allem in den skandinavischen Ländern gesammelt. Die oliven- bis kirschgroßen, scharlachroten Cranberries werden von Anfang September bis Dezember bei uns als frische Früchte angeboten, sind aber auch getrocknet oder als Saft erhältlich.
Foto: Dreamstime.com/ Hamiza Bakirci.
Neben ihren kulinarischen Eigenschaften
besitzen die Beeren eine ganze Reihe
gesundheitsfördernder Inhaltsstoffe.
Schon die Indianer Nordamerikas desinfizierten
mit dem Saft Pfeilwunden und
verwendeten ihn als Mittel gegen Erkältungen.
Später gehörte die Hühnersuppe
mit einem Schuss Cranberrysaft zur
Hausapotheke jeder amerikanischen
Großmutter.
Seit 1984 haben medizinische Untersuchungen das alte heilkundliche
Wissen bestätigt. Cranberries enthalten
viel Vitamin C und sind eine der
besten Quellen für weitere natürliche
Antioxidantien. Antioxidativ wirkende
Stoffe schützen die Körperzellen vor dem
Angriff der sogenannten freien Radikale,
die als Nebenprodukt von Stoffwechselprozessen
oder durch Belastung von
außen entstehen. Außerdem liefern
Cranberries Mineralstoffe wie Kalium,
Kalzium und Phosphor und sekundäre
Pflanzenstoffe wie Anthozyane.
In den neunziger Jahren wurde nachgewiesen,
dass die im Cranberrysaft enthaltenen
Proanthocyanide (auch als VACPACs
bezeichnet) einen Anti-Adhäsions-
Effekt ausüben, der bewirkt, dass sich
Escherichia coli-Darmbakterien, die über
80 Prozent aller Harnwegsinfekte auslösen,
nicht an die Zellen von Blase und
Niere anheften können. Die drohende
Infektion kommt gar nicht erst zustande,
wobei die Wirkung sich sogar auf Bakterien
ausdehnt, die schon antibiotikaresistent
geworden sind.
Das Wiederauftreten
von Harnwegsinfektionen kann bei
regelmäßigem Genuss des Saftes deutlich
reduziert und damit auch die Einnahme
von Antibiotika vermieden werden.
Aktuelle medizinische
Studien geben Hinweise, dass
Cranberries auch Schutzfaktoren für die
Gesundheit in anderen Organen enthalten.
So vermuten die Forscher, dass
bestimmte Verbindungen in der Cranberry
über den gleichen Anti-Adhäsions-
Mechanismus, der auch für die
Gesundheit der Harnwege sorgt, Bakterien
in Mundhöhle und Magen außer
Gefecht setzen. So können sie sowohl
gegen Paradontose helfen als auch
gegen Heliobacter pylori-Bakterien, die
Ursache von Magengeschwüren sind. In
Untersuchungen zur Auswirkung von
Cranberries auf die Ausbreitung von
Brustkrebszellen fanden die Mediziner
heraus, dass unter 20 untersuchten
Früchten Cranberries die höchste Absorptionswirkung
von freien Radikalen
haben. Die Entwicklung von Brustkrebszellen
konnte durch die Gabe von Cranberrysaft
gehemmt werden.
Studien aus dem Jahr 2003 beschäftigen
sich auch mit dem möglichen
Einfluss der Cranberry auf die
Gesunderhaltung der Herzkranzgefäße.
Diese Studie belegt eine positive
Auswirkung des Genusses von Cranberrysaft
auf einen möglicherweise signifikanten
Anstieg des «guten» Cholesterins,
das mit der Gesundheit des Herzens
in Zusammenhang steht. Zu guter
Letzt wird auch die Fähigkeit der Cranberry
untersucht, das Altern der Hirnzellen
zu verlangsamen und die mentalen
Funktionen zu verbessern und zu
unterstützen, was ebenfalls auf den
hohen Gehalt an Antioxidantien zurückzuführen
ist.
Was so gesund ist, kann nicht gut
schmecken? Irrtum! Während Preiselbeeren
wegen ihres herbsauren Geschmacks
nur selten roh gegessen, sondern
zu Kompott oder Gelee verarbeitet
werden, ist der Geschmack der Cranberries
wesentlich milder. Frische Cranberries
in Salaten schmecken ebenso
köstlich wie der Saft, der sich auch gut
zur Schorle und sogar für die Zubereitung
pfiffiger Cocktails eignet. In den
USA ist die Cranberry-Sauce ein «Muss»
zum Truthahn an Thanksgiving; moderne
Hausfrauen und Köche verwenden
Cranberries als raffinierte Zutat zur Pizza,
in Curries und in Kuchen oder zum
Abschluss als Cranberry-Sorbet.
Autorin: Claudia Rawer, «Gesundheits-Nachrichten» September 2004
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Cranberries werden trocken oder nass geerntet. Trocken geerntete Beeren werden als Frischware verkauft. Bei der Nassernte werden die Felder geflutet. Jede Cranberry enthält vier Luftkammern, die sie an die Wasseroberfläche treiben lässt. Die auf diese Weise geernteten Früchte werden zu Saft oder Saucen verarbeitet.